Singvogel hat geschrieben:
Pegasus hat geschrieben:
"Naturbelassene Kräuterwiesen" ist unter Landwirten natürlich ein Schenkelklopfer.
Es gibt Regionen, wo es so etwas durchaus gibt und es gibt auch Gegenden, wo es wieder kommt. Überall dort wo beispielsweise Bio(land)-Bauern unterwegs sind, sieht man schon deutliche Unterschiede. War neulich erst wieder wo zu Besuch, wo ich mir beim Ausreiten die einzelnen Wiesen hab zeigen lassen: Krass!
Ich sehe schon, dieser Mythos hat hier starke Anhänger.
Heuernte von naturbelassenen (Kräuter-)Wiesen gibt es genauso wenig wie schwarze Schimmel.
Dadurch, das ich mähe und das Erntegut abfahre, greife ich in den Wiesenhaushalt ein und somit ist sie schon nicht mehr naturbelassen. Das ist keine Spitzfindigkeit, sondern hat ganz reale Auswirkungen.
Zum einen werden durch das Mähen alle diejenigen Pflanzen gehindert, die eigentlich auf stetes Wachtum ausgelegt sind. Man muß bedenken, daß "Wiese" eine künstliche Landschaftsform ist, die in unserer Gegend eigentlich nicht vorkäme. Läßt man der Natur ihren Lauf, bildet sich hier (Buchen-)Wald. Deshalb werden in einigen Gegenden Bauern wieder dafür bezahlt, Wiesen zu bewirtschaften damit sie offen bleiben, obwohl es sich eigentlich nicht lohnt.
Zum anderen Fahre ich damit Nährstoffe ab, pro Tonne Gras (4-5 Rundballen) etwa 1 Kg Stickstoff, 1kg Posphor und 3 kg Kalium sowie Kalk. Führe ich diese Nährstoffe nicht durch Düngung zurück, hagert die Wiese aus und das Pflanzenspektrum verschiebt sich erneut. Insbesondere verschwinden die Süßgräßer, die nicht nur ertragsreich, sondern auch schmackhaft und nahrhaft sind. Ersatzweise siedeln sich Magergräser wie Ruchgras und Konsorten an und eben diese ominösen Kräuter. Wem da das Herz aufgeht, weil Kräuter ja so gesund sind, der sei daran erinnert, daß die Masse der Kräuter schlicht giftig ist und inbesondere Kreuzblütler diese Situation lieben, das sind nicht nur das harmlose Johanniskraut sondern auch Jakobskreuzkraut oder Wasserkraut. Deshalb sinkt nicht nicht nur der Nährwert des Heus, sondern es steigt auch die Chance, daß ich mir giftige Pflanzen in den Stall hole. Läßt man Pferden die Wahl und zäunt eine solche "Kräuterwiese" ein, stellt man fest, daß die Pferde die Masse dieser Kräuter einfach stehen lassen und das Gras dazwischen fressen. Die Pferde nun zu zwingen, diese in getrockneter Form zu fressen, vermeide ich tunlichst.
Deshalb ist es unter Landwirten, egal ob Öko oder nicht, unstrittig, daß Wiesen zum Heuwerwerb gepflegt und insbesondere auch gedüngt werden müssen, als Pferdehalter mit alternativen Ansichten kann man das auch bei Jutta Grohne nachlesen. Allein die Intensität der Bearbeitung und Düngung unterscheidet sich. Meine Heuwiesen werden extensiv geführt, daß heißt als zweischnittige Wiesen ohne regelmäßige Stickstoffdüngung und die massenhafte Ansiedlung von "Kräutern" unterbinde ich.
Der Begriff "naturbelassene Kräuterwiese" signalisiert mir daher mehr ein naiv romantisierendes Naturverständnis als Wissen um Heuproduktion/Pferdefütterung.
Gruß,
Pegasus