Isegal, wenn Du einfach nur überzeugt werden willst:
Meine erste Stute war auch ein verstörter Weidegänger. Als ich sie bekam, war sie bereits ca. 16 Jahre alt. Weide war OK, aber nur mit Kumpels und max. 1 Stunde! Wenn sie länger draußen stand, dann finge sie an kopfschlagend Kringel vorm Tor zu drehen. Da sie Arthrose in den Vorderbeinen hatte, wollte ich um keinen Preis, daß sie stundenlang im Kreis wandert.
Wenn keine Kumpels dabei waren, blieb sie gar nicht draußen, dann ging sie über den Zaun. Einen Tag stand sie mit zwei Ponys auf der Weide, die Ponys haben dann an einer Ecke den Zaun niedergerissen und sind gemeinsam im Gelände spazierengegangen. Alleine fand sie es doof, also ist sie auch durch das Loch im Zaun von der Weide runter, aber dann schön außen am Zaun entlang um die Anlage drumrum bis zur Hofeinfahrt und ab in den Stall ...
An einem anderen Tag wollte ich ihr noch ein paar Grashalme nach dem Reiten gönnen. Also habe ich sie (alleine) auf die Weide gestellt und bin dabei geblieben. Als sie merkte, daß keine anderen Pferde mehr kommen, ich aber auf dem Zaun sitze, fing sie auch an zu grasen. Irgendwann bin ich mal kurz in den Stall um schonmal meine Sachen wegzuräumen, habe aber alle paar Augenblicke rausgeguckt, so daß sie mich auch sehen konnte. Sie hob jedesmal den Kopf, registrierte mich und graste weiter. Irgendwann wollte ich dann den Sattel schnell mal in die Sattelkammer bringen, das dauerte vielleicht 2 bis 3 Minuten ... Das war schon zu lange für sie! Nachdem sie mich nicht ständig wieder sehen konnte, ist sie über den Zaun gesprungen und in ihre Box gelaufen!
Das war in den 90er Jahren, da war noch in jedem ordentlichen Reitstall montags Ruhetag und Weidegang für ein paar Stunden am Tag völlig normal, Offen- geschweige denn Aktivställe kannte man in der Form noch gar nicht.
Ich bin mit ihr ein paar Mal umgezogen, irgendwann, sie war bereits 19 Jahre alt, bin ich in einem Stall gelandet, in dem es Weidegang im Winter von hell bis dunkel und im Sommer 24/7 gab. Ich fand das auch sehr toll und pferdegerecht, hatte aber wahnsinnige Sorgen, daß mein Arthrosepferd vorm Tor Spurrillen in den Boden pflügt und ich sie nach einem halben Jahr Weide zum Abdecker bringen kann., weil die Beine 23 Stunden Volten kringeln pro Tag nicht mitmachen. Nur stundenweise in Eigenregie rausstellen und den Rest in der Box stehen war aber auch keine Option, weil in dem Stall natürlich alle Pferde draußen standen und sie im Stall alleine gewesen wäre. Dann hätte sie die Box oder sich selber auseinandergenommen ...
Das Problem ist so gar nicht aufgetreten! Ich habe sie anfangs stundenweise rausgestellt, habe die Zeiten jeden Tag verlängert, ständig nach ihr geguckt bzw. gucken lassen, irgendwann habe ich angefangen sie über Nacht draußen zu lassen ... Aber das war alles nur meine Sorge! Sie hat nie wieder Kringel gedreht oder die Abkürzung über den Zaun genommen und stand nach ca. 2 bis 3 Wochen 24 Stunden draußen ohne irgendein Problem.
Erst im Nachhinein ist mir bewußt geworden, daß in den Ställen vorher die Weiden klein, überfüllt und leergefressen waren. In dem neuen Stall kamen zwar alle 30 bis 35 Pferde zusammen auf eine Weide, aber die Weiden waren so riesig (15 Minuten Fußmarsch, bis man sein Pferd am anderen Ende der Weide gefunden hatte, waren durchaus normal!), daß sich innerhalb der großen Herde Gruppen bildeten, die sich aus dem Weg gehen konnten. Außerdem waren die Weiden immer satt voller Gras, die Tiere waren beschäftigt.
Meine Stute hat danach nie wieder ein Weideproblem gehabt, auch in anderen Ställen nicht, solange sie Platz und Ruhe hatte und irgendein Pferdekumpel in Sichtweite war.
_________________ Wann ist aus "Sex and Drugs and Rock'n'Roll" eigentlich "Veganismus, Laktoseintoleranz und Helene Fischer" geworden?
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