Fabelhaft hat geschrieben:
Und meines Erachtens können das die meisten Spring-RL nicht, da sie sich gar nicht vorstellen können, dass diese Popel-Anforderungen für Normalsterbliche schon zu echtem Adrenalinüberschuss führen können.
Ganz ehrlich, ich finde, das ist auch eine Zumutung für einen Springprofi, sich in die (oft übertriebenen) Ängste von Freizeit- und Dressurreitern einzufühlen. Bei denen fängt Springgymnastik bei 1m Hindernissen an, weil da die Pferde überhaupt erst anfangen, den Rücken richtig auf zu machen. Die machen ihr Reiterleben nichts anderes, als zu springen. Denen ist klar, dass jede untrainierte Kuh über 1,20m springen kann, also auch jedes noch so trottelige Pferd - vielleicht nicht mit seinem wackeligen Reiter oben drauf...
Ich hatte selber eine lange Springpause (10 Jahre +) in meinem Reiterdasein. Als Teenie flog ich über alles drüber, was mir mein RL hinstellte. In Holstein sprang damals jedes dahergelaufene Schulpferd in der Regel mindestens bis L. Ich saß z.T. auf ausrangierten M und S Springern. Oxer aus 6 Cavalettis gebaut auf gebogener Linie, da wurde es erst langsam lustig; und der RL konnte den Zuschauern entgegentönen: "Guckt mal, was ein Springpferd, macht das alles mit einem kleinen Mädchen." Und nach der Pause hatte ich plötzlich Schiss. Selbst ein E-Parcour hat mir Respekt eingeflößt. Mit Übung ging das dann zum Glück schnell wieder weg. Aber die Erinnerung an die Angst kann ich abrufen, wenn ich "Springunterricht" gebe.
So wirklich viel mit Springen hat dieser Unterricht weder in Reitschulen, auch nicht bei vielen Privatschülern zu tun. Springgymnastik trifft es wohl eher und da auch die ganz niedrige Variante. Ganz oft muss ich da an meinen vorübergehenden Bammeln erinnern, um nicht ungeduldig zu werden. Ich frage immer, ob die Höhe für den einzelnen Reiter so okay ist, auch wenn wir an "Höhen" arbeiten, bei denen ich von meinen Pferde erwarte, dass sie darüber traben und gar nicht springen. Manchmal geht mir aber auch echt das Messer in der Tasche auf und ich muss mich echt zusammen reissen, noch nett zu bleiben. Oft sind es eklatante Rittigkeitsprobleme, die dazu führen, dass Reiter nicht über ein 30cm Höpperchen (gebaut aus 4m Stangen) kommen, weil sie nie gelernt haben, ihre Pferde einzurahmen. Und da soll mir nur keiner kommen, dass er mit einer gebogenen Linie überfordert ist; dann soll er bitte schön erst mal sein E-Dressur Niveau festigen. Schließlich kann ein Pferd im Schritt über so ein Stängelchen klettern. Echt zornig hat mich ein Mädel gemacht, die nicht über das niedrigste Kreuz, das man bauen kann (ist dann ca. 15cm hoch) kam und allen ernstes wollte, dass ich das Hindernis niedriger baue. Sie saß auf einem Pony, das schon international Springen gelaufen ist und hat das Pony nach Strich und Faden blockiert. Ich konnte mich nicht bremsen, sie zu fragen, ob ich für die Stangen vielleicht ein Loch graben sollte.

Am Ende habe ich sie im Schritt mehrfach über die Stangen geführt, bis sie sich getraut hat, noch einmal im Trab anzureiten. Wie zu erwarten war, trabte das Pony ganz locker über die Stangen...
Angst ist das eine, aber oft wird auch Angst vorgeschoben, weil beim Reiten über Hindernisse viele Ausbildungsmängel von Reiter und Pferd erst so richtig zu Tage treten.