Tja, Erwartungen... Schwieriges Thema.
Ich pflege ja derzeit quasi meine zweite Turnier-"Karriere". Meine erste war als Teenager im Parcours und lief nach dem Motto "Denn sie wissen nicht was sie tun". Ich hatte keinen Plan, nicht viel Ahnung, außer dass es galt da irgendwie drüber zu kommen, und das möglichst schnell. Training, wenn man denn davon sprechen kann, wurde völlig unsystematisch nach Lust und Laune gestaltet. Dementsprechend gab es auch keine großen Erwartungen (und Enttäuschungen), und in meine erste L bin ich nach dem Motto rein, Hauptsache ankommen. Nach 3 oder 4 Jahren hatte ich dann auch die Faxen dicke, der Spaßfaktor ließ irgendwie nach und die Jungs wurden einfach zu interessant. Ja, war schon eine dolle Einstellung
Jetzt bin ich Ü40 und sehe die Dinge naturgemäß etwas gereifter. Ich habe die 5. Saison im Fahrsport hinter mir und inzwischen das 2. Pferd in M etabliert. Meine Trainings- und Saisonplanung ist ziemlich strukturiert und ich bilde mir ein, mein Pferd sehr bewusst zu arbeiten und dabei weder SdA noch Tagesverfassung noch seelisches/körperliches Befinden zu vernachlässigen. Dementsprechend halte ich mich für gut vorbereitet, wenn ich in eine Prüfung reinfahre und habe an uns beide die Erwartung, die antrainierte Leistung abrufen zu können. In ganz wenigen Fällen scheitert es an meinem Kopf, was mich dann maßlos ärgert, noch viel seltener scheitert es an der Tagesform meines Pferdes, was ich problemlos akzeptieren kann. Dafür ist es eben ein Pferd.
Als ich mit meinem jetzigen Pferd den Sprung nach M gemacht habe war mir grundsätzlich klar, dass wir zwar rein ausbildungsmäßig gesehen so weit waren, dass aber stellenweise das Feintuning fehlte - naja, und er ist eben weder ein Bewegungskünstler noch ein Ausdruckswunder. Meine Vorstellungen sind korrekt und "brav", das weiß ich, dafür habe ich auch die Videos um das sachlich beurteilen zu können. Insofern weiß ich auch, was ich von einzelnen Richtern zu erwarten habe und kann mich darauf einstellen, dass ich zu 120% korrekt fahren muss, wenn ich gegen ein weniger durchlässiges aber ausdrucksstarkes Gangwunder bestehen will. Meine Erwartung geht aber defintiv in die Richtung, dass ehrliche Arbeit letztlich doch belohnt wird. Entsprechend werde ich hin und wieder enttäuscht und muss mir einreden, so sei eben der Sport.
Wie sich das letztlich in Schleifen ausdrückt ist mir relativ wurscht. Allerdings: Lieber ne Rote in ner M als ne Goldene in ner A

Ansonsten kann ich mich eher an dem genialen Gefühl berauschen und an einem tollen Video, wenn ich glaube, eine wirklich gute Dressur gefahren zu sein. Ich weiß sehr genau, wie ich es haben will, und wenn ich das hinkriege ist mir das mehr Wert als jeder Stofflappen.
Ich erwarte in der Prüfung nichts anders, als den Ausbildungsstand abrufen zu können, den wir Zuhause haben. Dafür ist genug Routine da, und dann sollte es auch keine Rolle spielen, ob ich eine Klasse höher starte. Reine Kopfsache, wenn die Lektionen sitzen.