Ich habe mich ja über die Jahre von den Hilfszügeln wegentwickelt. Als ich vor 20 Jahren meine Lehre in einer Kinderreitschule angefangen habe waren da Stoßzügel Standard. Auch wenn ich zu dem Zeitpunkt selbst schon seit 15 Jahren ritt (auch Turniere, auch richtig „gute Pferde) habe ich erst mit der Ausbildung angefangen zu hinterfragen, was die verschiedenen Sachen eigentlich bewirken. Da ich ja schon sehr früh im Betrieb ziemlich viel zu sagen hatte habe ich dann als erstes die Stoßzügel gegen Dreiecks- und Laufferzügel getauscht. Es gab Pferde wo man auf die Hilfszügel ganz verzichten konnte, aber das war nicht die Regel. Im Kinder-/Anfängerunterricht sehe ich Hilfzügel (wie ich weiter vorne schon geschrieben habe) in erster Linie als Hilfe fürs Pferd. Natürlich laufen die Pferde nicht über den Rücken. Aber wenn das Pferd an sich nicht super durchgymnastiziert und ausgebildet ist dotzt das Reiterlein nunmal mit Laufferzügeln (lang verschnallt mit der Nase deutlich vor der Senkrechten) deutlich weniger auf dem Rücken herum als wenn das Pony zur Giraffe mutiert. Und das ist dann letzten Endes für das Pony auch angenehmer. NATÜRLICH wäre es besser, das Schulpferd so gut auszubilden, dass das nicht nötig ist. Aber ich habe nunmal in einer ganz normalen Kinderreitschule gelernt. 7 Tage in der Woche Kinderunterricht, kaum Korrekturberitt, viel zu große Gruppen. Wenn ich schon an der Gesamtsituation nicht groß was ändern konnte, versuchte ich wenigstens es den Ponys so angenehm wie möglich zu machen. Und dass da der Anfänger mit Laufferzügel angenehmer war als ohne zeigten die Ponys schon recht deutlich.
Danach in meinem nächsten Job hatte ich das Glück viel mehr Zeit für die Pferde und fast ausschließlich Einzelunterricht zu haben. Da hatte ich irgendwann für 12 Ponys nur noch ein Paar Laufferzügel besessen, die ich für die Anfängerlonge bei einem Pony brauchte das da ab und an „notfallmäßig“ eingesetzt wurde. Aber wie gesagt - ich hatte Zeit und die Möglichkeit diese Zeit in die Ausbildung der Ponys zu stecken. Und ich hatte Isländer. Zwar überwiegend Dreigänger, aber dennoch natürlich von Natur aus im Trab schon deutlich bequemer als ein 1,70er Schiff.
Ich bin sehr froh dass ich diese Möglichkeit hatte. Aber mir ist auch klar, dass das nicht die Regel ist.
Die immer lauter werdende Kritik an Hilfszügeln finde ich schon legitim. Nur weil wir das vor 20, 30, 40 Jahren so gemacht haben ist das ja nicht automatisch gut gewesen. Ich selbst habe noch mit Stoßzügel oder diesen unsäglichen normalen Ausbindern, kurz verschnallt und mit Gummiring gelernt. Die Pferde wären anders sicher glücklicher gewesen, leider wusste ich es mit 9 Jahren nicht besser.
Und nur weil etwas in traditionellen Showreitschulen benutzt wird, in denen sich seit x Jahren nichts weiterentwickelt hat ist es ja nicht automatisch gut
Von daher finde ich es schon wichtig frühzeitig zu hinterfragen wofür man dieses Hilfsmittel eigentlich braucht. Und das auch den Reitschülern zu erklären. Aber ich akzeptiere auch, dass es Situationen gibt wo die Hilfszügel ihren Namen verdienen und dem Pferd in gewissem Maß helfen. Für mich beschränken sich diese Situationen allerdings tatsächlich auf den Anfängerunterricht, ansonsten ist es für mich eine versuchte Abkürzung oder mangelnde Bereitschaft sich mit den Zusammenhängen beim Reiten zu beschäftigen
