Natürlich möchte ich niemandem zu nah treten und erst recht keinen TA und keine Klinik verteufeln.
Es ist auch sicherlich von Fall zu Fall unterschiedlich und entsprechend zu entscheiden.
Ich kann nur davon berichten wie es bei uns war, dazu muss ich ein bisschen ausholen, ich hoffe das ist okay!?
Mein Pferd war immer sehr fit und auch gesund über all die Jahre. Anfang 2011, so im Februar war es, stellte ich fest, das er nach dem Reiten irgendwie müde wirkte. Es war nur eine Nuance, wirklich minimal, aber es passte nicht zu dem was wir vorher geritten waren und ich kannte es einfach nicht von ihm.
Zunächst dachte ich es wäre evtl. der Fellwechsel, immerhin war er da ja auch schon ü20 und ich dachte, ein älteres Pferd fängt ja evtl irgendwann an damit Probleme zu bekommen, vielleicht ist das jetzt bei uns eben auch so hat man ja schon oft von gehört!?
Den Winter über hatte er gut im Futter gestanden, allerdings hatte er an einem Huf etwas Strahlfäule entwickelt, das kannte ich von ihm bis dahin in all den Jahren nicht. Einige Wochen später gesellten sich verstopfte Talgdrüsen in der Sattellage dazu, kannten wir bis dahin auch nicht. Einige Wochen später Strahlfäule und Talgdrüsen waren passe, tränte plötzlich das rechte Auge hin und wieder, natürlich hatten wir das bisher auch noch nie gehabt. Nach zwei Wochen war auch das wieder weg. (Später klärte sich das Immunsystem war so beschäftigt mit den Zähnen, das es solchen "Kleinkram", der sonst nie zu Tage gekommen wäre einfach nicht mehr bewältigt bekam.)
Was blieb war die Minimüdigkeit nach dem Reiten, der Fellwechsel war inzwischen durch und ich skeptisch.
Darauf hin rief ich den Doc an und sagte ihm, also jetzt lachen sie nicht, eigentlich haben wir nichts greifbares, aber irgendwas stimmt nicht.
Er kam vorbei, wir stellten das Pferd auf den Kopf, mit Rückencheck, vortraben, longieren, abhören, Sattelcheck, Augen Ohren, Lunge. Wir waren soweit das wir sagten wir machen mal ein Blutbild um zu schauen ob wir da was finden, als ich noch fragte ob er mal noch nach den Zähnen schauen könnte. Obwohl er turnusmäßig immer einmal im Jahr zu Zahnarzt ging dachte ich mir so es könne ja ein Zahn gespalten sein, oder faulig oder sonstiges, ein Jahr ist ja schließlich lang.
Gesagt getan.
Der Doc schaute sich das Maul ausgiebig an und meinte dann "jetzt wissen wir was es ist". Ich habe natürlich geschaut wie ein Auto. Er meinte "EOTRH, können sie googlen werden sie nix finden". Ich weiß das ich ihn fragte ob er noch mehr so gute Nachrichten hätte und was zu Hölle das bitte sei. Was folgte war einen ausführlich Erklärung mit dem Hinweis das er gerade erst in USA zu einem Symposium zu dem Thema gewesen sei, das es noch wenig erforscht ist in Deutschland und die USA aber schon deutlich weiter damit ist.
Wir machten einen Termin zum Röntgen aus und er ließ mich ziemlich panisch zurück.
Die einzigen Anzeichen an denen er die Krankheit erkannt hat war ein gelbes Pickelchen auf der Mundschleimhaut und die blumenkohlartigen winzig kleinen roten Äderchen auf dem Zahnfleisch.
Weder hatte mein Pferd wulstiges Zahnfleisch, noch lose/gammelige Zähne oder übermäßig viel Zahnstein. Zusehen war für den Laien schlicht weg nichts und ich muss gestehe das gelbe Pickelchen war mir vorher nicht aufgefallen, weil ich einfach selten bis gar nicht in das Maul meines Pferdes geschaut habe. Und wenn ich es gesehen hätte, hätte ich mir wahrscheinlich keine Sorgen gemacht, da so was ja schließlich schon mal sein kann.
Als wir dann die Röntgenbilder gemacht hatten zwei Wochen später war ich sehr erschrocken wie zerbröselt die Wurzeln der äußeren Schneidezähne schon waren, was man deutlich auf den Bild sehen konnte.
Inzwischen war es Ende Juni und wir beschlossen für die OP die Fliegen/Hitzezeit abzuwarten und Ende Oktober die ersten 4 Zähne zu ziehen. Im Dezember dann die anderen 4.
Mir ging es sehr schlecht mit dem Wissen und dem Gedanken daran. Natürlich habe ich gegoogelt, nur wenig gefunden damals, aber das was ich gefunden hatte sagt unterm Strich Pferd kommt gut damit zu recht, kann noch grasen(das war mir mit das Wichtigste) und ist wie ausgewechselt danach.
Ich werde nie vergessen das ich mir wie ein Verräter vorkam als ich ihn in der Klink abgab um ihm Zähne ziehen zu lassen, ABER es war genau die richtige Entscheidung.
Er war nach der zweiten OP im Winter tatsächlich wie ausgewechselt, vorher war mir nur das bisschen mehr Müdigkeit aufgefallen, aber danach merkte ich erst wie ruhig er insgesamt gewesen war. Da es ein schleichender Prozess war, der in Schüben von Statten geht war der Unterschied vorher kaum erkennbar danach war er immens. Also ich die gezogenen Zähne gesehen habe bzw. den Zustand der Wurzel hätte ich heulen können, wie ein Korallenriff/Schwamm. Total porös und bröselig, das müssen richtig Schmerzen gewesen sein.
Ich habe dann bei jedem Kontrolltermin auf ein Röntgenbild bestanden, auch wenn ich das Gefühl hatte mein Doc findet das übertrieben, aber so konnte ich genau den krankheitsverlauf sehen und richtigen Zeitpunkt zum Ziehen der letzten Zähne herausfinden. Und am Ende haben mein Doc und mein Pferd mir bestätigt "alles richtig gemacht". Seit alle Zähne raus sind geht es ihm einfach super!! Wir haben so lange es ging die 4 Hasenzähne oben 2 und unten 2 versucht zu erhalten(2011 bis 2015), da oben die zwei nicht betroffen waren von der Krankheit, aber es ist eine Gradwanderung, denn ich wollte und will auf gar keinen Fall das mein Pferd auch nur minimal Schmerzen hat.
Bei manchen Pferden entwickelt sich viel Zahnstein und einen sogenannte Hyperzementose, das muss aber nicht so sein. Daher ist unbedingt zu bedenken es ist eine "Stoffwechsel" Krankheit und sie spielt sich innen ab, außen sieht man nur die Symptome, heißt was man äußerlich macht, Zähneputzen oder Mundspülung ändert an der Krankheit und deren Verlauf nichts!
Hier nochmal unsere Röntgenbilder:
Oberkiefer:
http://s1.directupload.net/images/140128/px9hotrj.jpgUnterkiefer:
http://s14.directupload.net/images/140128/fom4q7c5.jpgUnd die Definition der Krankheit:
EOTRH
Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis
EORTH, kurz für Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis, ist eine schmerzhafte Zahnerkrankung, bei der die Schneide- und Hengstzähne sowie der Kieferknochen zerstört werden.
Aus noch ungeklärter Ursache kommt es zu einer verstärkten Aktivität der Odontoklasten, das sind Zellen, die Zahnsubstanz abbauen können.
Als Reparaturmechanismus versucht der Körper die geschädigten Zahnbereiche zu stabilisieren und lagert in zunehmender Dicke Zahnzement um die Wurzel ab.
Da der Prozess unter dem Zahnfleischniveau abläuft und der sichtbare Zahnbereich meist noch gesund erscheint, wird er oft sehr spät diagnostiziert.
Betroffen sind vor allem Pferde ab einem Alter von 15 Jahren.
Symptome:
> Probleme beim Abbeißen von hartem Brot, Äpfeln oder Möhren
> Trinken von kaltem Wasser ist unangenehm
> kleine Eiterbläschen oder auch
> nur kleine rote Punkte im Zahnfleisch
> verdicktes wulstiges rotes Zahnfleisch, Zahnfleischrückgang
> vermehrte Zahnsteinbildung
> Widerwille gegen Anfassen des Mauls
> Lockerung der Schneidezähne
> Futter zwischen den Zähnen
> Mundgeruch
> Schwächung des Immunsystem
> Stoffwechselprobleme
Diagnostik:
Untersuchung:
> Ansehen und Abtasten der Zähne und des Zahnfleisches zur Feststellung von Umfangsvermehrungen oder losen Zähnen
Röntgen:
> zur Beurteilung der Zähne, vor allem der Zahnwurzeln, und der Kieferknochen
Verlauf:
Die Krankheit kann sich sehr schnell weiter entwickeln.
Zunächst treten nur leichte Symptome, wie z. B. vermehrte Zahnsteinbildung oder Verspannungen beim Reiten, auf. Binnen weniger Monate können dann deutlich erkennbare Schwellungen entstehen und das Pferd wird von erheblichen Schmerzen geplagt.
Therapie:
Bei einer Erkrankung mit EOTRH hilft leider nur die Entfernung der kranken Zähne um, durch chronische Entzündungen entstandene, Schmerzen zu beseitigen und dem schnelleren Fortschreiten der Erkrankung entgegen zu wirken.
Da die Erkrankung oft alle Schneide- und Eckzähne betrifft, kann es sein, dass alle Schneidezähne gezogen werden müssen!
Für viele Pferdebesitzer ist dies zunächst eine erschreckende Vorstellung, aber es hat sich gezeigt, dass sich die behandelten Pferde nach der Entfernung der krankhaften Zähne schnell erholen und sogar bald wieder Gras fressen können! Glücklicherweise lassen sich dank guter Beruhigungsmittel und örtlicher Betäubung fast alle Zahnoperationen, wie auch die Extraktion aller Schneidezähne, am stehenden Pferd durchführen. Eine Narkose ist somit in der Regel nicht mehr erforderlich, was das Risiko dieser Eingriffe deutlich reduziert.