Meine war ja damals auch so ein "Monster". Zumindest aus Sicht meiner Mitmenschen.
Die hatte anscheinend auch so etliches durch. Was weiß ich nicht, will ich glaub auch gar nicht.
Kennengelernt und gekauft hab ich sie als aufgeschlossenes, kontaktfreudiges Tier, leicht angeritten. 3 Wochen später stand sie dann auf dem Hof und ich musste 3x gucken, ob das auch echt noch das Tier ist, dass ich gekauft hab. Die war dermaßen von der Rolle. Panisch, fast schon hysterisch, zappelig und nicht ruhig zu bekommen.
Tierarzt und Schmied bescheinigten mir beide, das gibt nichts. Mit der würde ich nie glücklich werden und die werde ich niemals gehändelt bekommen.
Eine Woche später hatte ich mir (glücklicherweise?) das Handgelenk gebrochen (hatte nichts mit dem Pferd zutun). Da blieb 8 Wochen erstmal nur Kennenlernen und Putzen, Kuscheln. Da wuchs dann schon mal etwas das Vertrauen, beim nächsten Schmiedtermin brauchte sie dann auch schon keine Nasenbremse mehr.
Dann kam der erste Reitversuch zusammen mit einer Freundin. Pferd war zwar artig, aber nervlich wieder voll von der Rolle.
Da eh ein paar Monate später der Wechsel in den hauseigenen Stall angesagt war und ich da dann auch einen Reitplatz in der Nähe hatte, hab ich nicht mehr versucht zu reiten.
Ich bin wirklich nur noch raus auf den Hof mit ihr an der Hand, hab diverse Grundkommandos installiert, geputzt, getüddelt... Weil sie obendrauf auch noch massiv geklebt hat, bin ich viel spazieren gewesen mit ihr. In ganz ganz ganz kleinen Schritten. Manchmal gingen echt nur 5m, dann mal 100m, dann wieder nur 5m. Dadurch, dass sie sich jedes Mal richtig hochgespult hat mit Tendenz zum Steigen, hab ich das auch nicht weiter ausgereizt. Jeden Tag nur soviel wie sie anbot. Mag objektiv nicht richtig gewesen sein, aber einem Pferd, dem die Angst ins Gesicht geschrieben steht, da muss man halt individuell gucken was geht. Jedenfalls hat's irgendwann "klick" gemacht und die Touren wurden immer weiter und Pferd ruhiger.
Nach dem Stallwechsel sollte sie ja auch wieder geritten werden. Das lief dann auch um einiges entspannter. Eben weil nun richtig Vertrauen da war.
Als der Tierarzt ein Jahr später wieder da war zum Impfen, sagte er auch, es gibt Pferde, die sind quasi überall sofort zuhause und alles ist gut und es gibt Pferde, die brauchen ihre Zeit. Bei den einen sind es Monate, bei den anderen dauert es ein Jahr und länger. Schade ist es, wenn man den letzteren Kandidaten die Chance nimmt sich zu entfalten. Die werden dann Wanderpokale oder landen in der Wurst.
Meine hat gut ein Jahr gebraucht.
Mittlerweile ist sie total ruhig, sehr sehr anhänglich und verschmust, unterm Sattel total cool, eigentlich eine Lebensversicherung. Ich bereue es nicht eine Sekunde, dass ich ihr die Zeit gegeben hab und dafür halt reiterlich anfangs arg zurückstecken musste. Das Misstrauen anderen gegenüber hat sie nie abgelegt. Das ist bei ihr aber geschlechtsspezifisch und personenabhängig. Männer kann sie überhaupt nicht ab, abgesehen von meinem Freund.
Das stört mich nicht. Sie braucht halt wirklich eine feste Bezugsperson, der sie vertraut. Bin ich nicht da, fällt sie in alte Muster zurück.
Also schließ auch ich mich den anderen an, gib ihr Zeit und Ruhe und alles wird gut
