Ich gebe Euch zwar uneingeschränkt Recht, dass man bei akutem Kinderwunsch und wenn man öfter Kinder im Haus hat, auf keinen Fall einen Hund zu sich nehmen sollte, bei dem die Aversion gegen Kinder bekannt ist, denn dieses Risiko ist einfach zu groß. Trotzdem kann sich auch ein Hund verändern, denn das habe ich sowohl bei Anka erlebt, die mir von der Pflegestelle als katzenverträglich, kinderfreundlich und sogar als mit anderen Hunden verträglich und mit Pferden vertraut beschrieben wurde ... bekommen habe ich einen Hund, der hier keine andere Hündin dultete, die älter als ein Jahr war. Bei Rüden entschied, ob sie gleich in die Defensive gingen oder ob sie sich gegen ihre Attacken wehrten, ob mit einer Beißerei zu rechnen war oder ob die Begegnung friedlich bleibt. Die Pferde wurden in die Nasen gebissen und mein Mann riet mir, das Futter der Katzen doch am Besten gleich in die Bäume zu hängen, damit die Miezen erst gar nicht mehr runter kommen müssen, weil Anka sie sowieso wieder hochjagt. Auch mit Kindern entschied, ob sie sich im Beisein des Hundes ruhig verhielten oder ob sie hektische Bewegungen machten, denn dann ging Anka in die Offensive. Sie hätte sich auch nie von einem Kind am Fell ziehen lassen oder mit Kindern gekuschelt, wie ich das einst von unserem Lieschen kannte, die ein Jahr als war, als unsere Tochter geboren wurde und die sie sogar mit ihrem Leben beschützt hätte.
Und Elvis gilt auch als kinderunverträglich, weil er Kinder anknurrt. Ich stelle aber gerade fest, dass Elvis alles anknurrt, was er nicht kennt und wenn er feststellt, dass es nicht gefährlich ist, wird er zum freundlichsten Hund der Welt. Insofern gehe ich davon aus, dass wenn er Kinder in einer ruhigen und entspannten Umgebung kennen lernt, er sie genauso wohlwollend akzeptieren würde, wie er inzwischen die Katzen und die Pferde akzeptiert, die er zunächst auch als Bedrohung ansah.
Grundsätzlich würde ich aber nie einen Hund - auch keinen noch so kinderlieben, mit einem Kind alleine lassen, denn ein Kleinkind kann nie einschätzen, ob es dem Hund weh tut, wenn es ihn an den Ohren zieht und auch der geduldigste Hund hat ein Schmerzempfinden und wehrt sich vielleicht irgendwann.
Ich möchte auch gerne noch einmal auf die Traumen der "Second-Hand-Hunde" eingehen, denn welche negativen Erfahrungen sie in ihrer Vergangenheit gemacht haben, weiß man meist nicht und oft stellt man das Problem erst fest, wenn der Hund damit konfrontiert wird. Als Beispiel nenne ich hier einen ganz wunderbaren Langhaarschäferhund, dessen Name Ferro war und der aus dem Tierheim zu einer Freundin kam. Ferro zeigte sich in den ersten Tagen vollkommen unkompliziert, bis meine Freundin das erste Mal mit ihm bei Regen spazierenging, denn an ihr lief eine Dame vorbei, die genau neben dem Hund ihren Schirm aufspannte und bevor meine Freundin reagieren könnte, hatte Ferro die Dame schon in die Hand gebissen. Keiner hatte ihr gesagt, dass der Hund vermutlich mit einem Stock geschlagen worden war und nun auf alles, was wie ein Stock wirkte und hochgehoben wurde, aggressiv reagierte ... man durfte diesem Hund auch kein Stöckchen werfen, weil er die Assoziation damit verband: "Gleich gibt es Prügel"
Was ich damit sagen will ist, dass ein Second-Hand-Hund meist eine "Wundertüte" ist und das war der Grund, dass ich, als unsere Tochter noch klein war, nur einen Welpen zu uns nehmen wollte, um relativ sicher sein zu können, dass wir den Hund so formen können, dass er positiv auf Kinder, Katzen, andere Hunde und Pferde reagiert und keine negativen Erfahrungen machte, die sich erst mit der Zeit offenbaren und die dann zu Problemen führen.
Ich weiß auch, dass ich mich unbeliebt mache, wenn ich noch einmal darauf hinweise, dass ein äterer Hund, der von seinen Menschen weggegeben wird, meist ein Päckchen an Erfahrungen mitbringt und von anderen Menschen geformt wurde und ob er dann wirklich mit den eigenen Ansprüchen kompatibel ist, weiß man erst mit der Zeit ... und darum werden immer wieder Hunde nach zwei oder drei Wochen ins Tierheim oder zur Pflegestelle zurückgegeben, wenn die Menschen feststellen, dass die Aufgabe, die der Hund mitbringt, doch größer ist, als die Zeit, die man investieren kann, um an den Problemen zu arbeiten.
Man braucht, um einen Welpen nach den eigenen Ansprüchen zu formen, ganz sicher viel Zeit und alleine die Stubenreinheit zu erarbeiten, kann im schlimmsten Fall dauern, bis der Hund ein Jahr als ist - unser Lieschen kam im Tierheim zur Welt und dort hatte natürlich niemand Zeit, die Welpen alle zwei Stunden aus dem Zwinger zu holen und ins Gras zu setzen, damit sie sich dort lösen können und so lernte das Lieschen ihren Zwinger auch als Toilette zu nutzen und weil das erlaubt war, wurde es zu einer enormen Aufgabe, Lieschen stubenrein zu bekommen, denn wenn ich draußen stand, auf das Pipi und das Häufchen wartete, überraschte mich das Lieschen beim wieder ins Haus zurückkommen damit, dass sie die Schleusen lieber auf den Fliesen öffnen wollte ... sie kannte es nicht anders.
Aber ein Welpe ist, von seinen Genen abgesehen, im Charakter noch weitgehend formbar und mit einem bisschen Hundeerfahrung darf man davon ausgehen, dass man einen unkomplizierten Hund bekommt ... und wenn nicht, dann liegt der Fehler bei einem selbst.
Ein Second-Hand-Hund bringt aber immer Altlasten mit, denn auch wenn der Hund wegen eines Umzugs abgegeben wird oder wegen einer Trennung der Ehepartner oder wie bei Elvis wegen des Todes des Herrchens, hat er ein Päckchen von Erfahrungen, die wir nicht kennen und auf die wir darum auch nur schwer eingehen können. Hier hilft es zwar, den Hund kennen zu lernen, ihn zu beobachten, seine Eigenheiten zu ergründen, aber das braucht vermutlich ebenso viel Zeit, wie den Welpen zu erziehen.
Natürlich gibt es auch Traumhunde aus dem Tierheim oder von einer Pflegestelle, respektive aus privater Hand - das will ich gar nicht in Frage stellen, aber allein dass der Hund sich von seinem alten Leben trennen musste, führt bei vielen Hunden zu Verlustängsten. Und auch wenn der Hund ein Lebenskünstler wie Elvis ist, der sich ganz hervorragend mit seinem neuen Leben arrangiert, dauert es Wochen, bis eine neue Bindung gefestigt ist. Dazu beitragen kann nur die Zeit und davon braucht man in den ersten Monaten eigentlich meistens sehr viel, denn man geht davon aus, dass ein Hund, der vier Jahre beim Vorbesitzer war, nun mindestens vier Monate braucht, um sich neu zu binden und seinem neuen Menschen ganz und gar zu vertrauen ... aber wenn der neue Mensch nach drei Wochen Urlaub plötzlich acht Stunden weg ist und nur abends und am Wochenende Zeit hat, sich intensiv mit dem Hund zu beschäftigen, wird es dem Hund erschwert, seinen neuen Menschen kennen zu lernen.
Ich will niemanden von seinem Vorhaben, einen Second-Hand-Hund zu übernehmen, wieder abbringen, aber wenn ich ein kleines Stück dazu beitragen kann, dass ein Hund ein "Endzuhause" findet und behalten kann, aus dem er nicht doch wieder ausziehen muss, weil er sich nicht als Traumhund entpuppte, dann möchte ich diese Chance trotzdem nutzen, denn je öfter ein Hund den Besitzer wechselt, desto problematischer wird es für ihn, sich in eine Familie einzuleben und kein Hund sollte zum Wanderpokal werden, weil die Menschen, die sich für ihn entscheiden, das mit einer rosaroten Brille und in der Hoffnung tun, dass der ausgewählte Hund unproblematisch sein wird. Natürlich kann das sein, aber ich denke, man sollte sich das trotzdem gut überlegen, ob man das Risiko eingeht, wenn man die meiste Zeit nicht beim Hund sein kann, um ihn kennen zu lernen und ihm die Chance zu geben, eine Bindung herzustellen, denn es geht nicht um einen leblosen Gegenstand, den man bei Nichtgefallen oder Nichtfunktionieren ohne Schaden wieder abgibt, sondern um ein Lebewesen, das mit jeder Enttäuschung misstrauischer wird.
Aber ich schicke voraus, dass es natürlich auch den Idealfall gibt, in dem man einen Second-Hand-Hund bekommt, der sich unkompliziert in sein neues Leben einfügt, sich auch an seinen neuen Besitzer bindet, auch wenn er fünf Tage in der Woche acht Stunden außer Haus ist und die Großeltern ihn dann betreuen und sich so leichtführig zeigt, dass er auch der ideale Reitbegleithund ist. Ich würde davon nur nicht prinzipiell ausgehen, denn dass Vermittler und Tierheim keine Hunde an Menschen mit Ganztagsjob abgeben liegt nicht nur darin begründet, dass der Hund nicht alleine bleiben kann, sondern darin, dass jede Minute, die ein Hund mit seinem Menschen zusammen verbringt, die Bindung zu ihm festigt und diese feste Bindung ist die Basis einer glücklichen Hund-Mensch-Beziehung. Probleme kann es trotzdem geben, aber die lassen sich leichter lösen, wenn man sich für ihre Behebung viel Zeit nehmen kann.