Denkanstoss, nicht nur an Stella, sondern an alle hier: Wenn ich meinen Hund nachts nicht mit im oder vor dem Bett schlafen lasse, sondern die Schlafzimmertür zu mache und der Hund in einem anderen Raum schlafen muß, bin ich dann auch ein Tierquäler, weil der Hund 8 Stunden und länger allein ist? Komischerweise diskutiert niemand über diesen Punkt und keine Tierschutzorganisation würde die Abgabe eines Hundes verweigern, weil das Körbchen nicht im Schlafzimmer steht.
Bitte versteht mich nicht falsch, ich will hier niemanden provozieren und auch nicht propagieren, daß Hunde problemlos lange allein bleiben können. Über meine vorherige Frage denke ich selber nach und bin für mich noch zu keiner Antwort gekommen. Und keine Sorge, mein Hund schläft vorm, teilweise auch im Bett

, und tagsüber ist sie bis jetzt maximal 3 Stunden alleine, mit ihren 10 Monaten arbeiten wir noch an der Ausweitung der Allein-bleibe-Stunden.
Ich finde aber, daß man hier keine pauschale Aussage treffen kann, sondern wirlich von Hund zu Hund sehen muß, was geht und unter welchen Umständen der Hund sich noch wohlfühlt. Von daher mag ich es auch nicht, wenn Tierschutzorganisationen pauschal jeden ablehnen, der Vollzeit berufstätig ist ohne die Möglichkeiten und Hintergründe abzuklären.
Stella, ich kann Dich supergut verstehen! Ich bin 45 Jahre alt, habe immer von einem Hund geträumt und nie einen besessen. Als Kind war meine Ma dagegen und in unserer Mietwohnung waren keine Hund erlaubt. Als junge Erwachsene funktionierte es nicht wegen der Vollzeit-Arbeit. Jahrelang habe ich darauf hingearbeitet irgendwann nur noch halbstags arbeiten zu gehen und dann einen Hund anschaffen zu können. Mein damaliger Lebensgefährte war selbständig und ich habe nebenbei sein komplettes Büro gemacht. Geplant war, wenn das finanzielle stimmt, dann kürze ich den Angestellten-Job auf Halbzeit, mache nachmittags sein Büro und kann den Hund dann mitnehmen. Als das finanzielle stimme, wollte mein Lebensgefährte lieber eine Sekretärin einstellen um mich zu entlasten, weil er nicht zur Beziehung auch noch mit mir zusammenarbeiten wollte! Den Lebensgefährten gibt es nicht mehr, aber eine Chance auf Halbtagsarbeit dadurch auch nicht mehr.
In den letzten Jahren hatte ich immer stärker werdenden Frust, weil ich mir keinen Hund anschaffen konnte! Der Gedanke, daß ich frühstens mit 67 Jahren, im Rentenalter, einen Hund haben werde, hat mich wirklich runtergezogen! Bin ich dann überhaupt noch körperlich fit für einen Hund? Wie lange lebe ich dann noch, überlebt mich der Hund womöglich? Dabei ist das ja kein so abwegiger Lebenswunsch, ich habe mir ja nicht erträumt als Prinzessin in einem Schloss zu wohnen, ich wollte nur gerne einen Hund! Es gibt so viele Menschen, die haben Hunde und sind berufstätig. Es war schon so weit, daß ich Hass bekam auf Obdachlose, die mit ihrem Hund in der City sitzen und um einen Euro betteln.

Super, Leben auf Kosten anderer und können sich einen Hund leisten! Ich gehe malochen um mich selber ernähren zu können und keinem zur Last zu fallen und kann mir dadurch nichtmals ein so banalen Lebenstraum erfüllen!
Nachdem dann mein Pferd eingeschläfert werden mußte, war wieder der Gedanke nach einem Hund präsent und ich habe mich gegen ein neues Pferd, für einen Hund entschieden.

Geplant war, daß der Hund tagsüber in eine professionelle Hundebetreuung geht. (Wenn man vorher ein Pferd ernährt hat, kann man das auch finanzieren.)
Inzwischen ist alles ganz anders gekommen: Im letzten Juli ist Ännie, eine damals 9 Wochen alte Langhaar-Collie-Hündin bei mir eingezogen. Seit dem selben Zeitpunkt bin ich leider krankgeschrieben, so dass Ännie nie länger allein bleiben mußte. Mit der Hundesitterin, die ich lange Zeit für nichts bezahlt habe, um mir den Platz bei ihr freizuhalten, habe ich mich im Herbst aufgrund einiger Differenzen überworfen. Meine Mutter, die im selben Haus eine Etage tiefer wohnt, meinte daraufhin, daß wenn ich wieder arbeiten gehe, der Hund doch auch zuhause bleiben kann. Sie ist 3 bis 4 x die Woche für ca. 1 bis 4 Stunden außer Haus, das sollte ein Hund verkraften können. Vielleicht 2 x im Jahr ist meine Ma mal einen ganzen Tag weg, dann kann ich immer noch sehen, ob ich Urlaub bzw. einen halben Tag frei nehmen kann.
Ännie ist allerdings auch ein Goldstück! Da keine fremden Leute im Haus wohnen, lassen wir oft die Türen offen stehen und Ännie kann sich aussuchen, ob sie bei mir sein will oder zu meiner Mutter runtergeht. Wenn ich da bin, dann geht Ännie zwischendurch mal nach meiner Ma gucken. Oft liegt sie weder bei mir noch bei meiner Ma, sondern alleine im Treppenhaus, weil da der Boden so schön kühl ist.
Wenn ich nicht da bin, dann bleiben die Türen auf jeden Fall offen, Ännie könnte jederzeit runtergehen. Obwohl Collies dafür bekannt sind, daß sie glücklich sind, wenn sie einfach nur bei ihren Menschen sein dürfen, guckt Ännie dann mal kurz nach meiner Mutter, geht aber von alleine in meine Wohnung und bleibt oft auch mehrere Stunden in meinem Wohnzimmer. (Sie liebt es dann hemmungslos auf dem Sofa auf MEINEM Platz liegen zu dürfen.

) Nähe - ja, das ist wichtig für einen Hund. Das heißt aber nicht, daß jeder Hund ständig Sichtkontakt zu seinem Menschenrudel braucht und andernfalls leidet!
Inzwischen bin ich sogar noch einen Schritt weitergegangen. Am nächsten Samstag wird ein zweiter Hund, die kleine Bailey, Halbschwester von Ännie, bei uns einziehen. Ich denke, daß zwei Hunde glücklicher sind als einer. Und klar bin vor allem ICH glücklicher mit zwei Hunden - da steckt schon auch Egoismus dahinter!

Ich hoffe aber auch, daß die Hunde besser allein bzw. mit meiner Ma (Die anwesend ist, aber sie nicht bespaßt ...) bleiben können, wenn ich wieder arbeiten gehe. Hunde sind Rudeltiere, klar sind sie nicht gerne allein, auch wenn sie es gelernt haben. Aber wer sagt, daß immer das ganze Rudel zusammen sein muß? Mir ist auch völlig klar, daß zwei Hunde auch Probleme beim allein sein bereiten können, die ein Hund von den beiden alleine nicht hätte. Zweie stecken sich auch gerne gegenseitig an aus Langeweile Blödsinn zu machen wie Möbel zerkauen oder stundenlang kläffen ...
Stella, mit meiner Geschichte will ich nicht sagen, daß Du Dir zwei Hunde anschaffen sollst, damit keiner alleine ist!
Aber ich finde, Du kannst Dir durchaus einen Hund anschaffen. Nur mache nicht den Fehler, Dir den falschen Hund aus den falschen Gründen anzuschaffen! Ich bin da ganz bei Lulu! Es ist toll, wenn Du einen Hund vom Tierschutz übernehmen willst, das große Herz ehrt Dich. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß Du da an einen Hund gerätst, dem Du aufgrund seiner Vorgeschichte nicht gerecht werden kannst. Und damit ist keinem geholfen. Ich würde in Deiner Situation vielleicht auch keinen Welpen nehmen, auch wenn meine Süße ganz unproblematisch ist trotz ihres zarten Alters. Deine Großeltern werden irgendwann körperlich vielleicht nicht mehr in der Lage sein Dich zu unterstützen und bei einem jungen Hund hast Du immer ein bißchen Risiko, wie er sich charakterlich entwickeln wird und damit verbunden auch, wie er in Deine Lebenssituation hineinpaßt. Auf jeden Fall würde ich sehr darauf achten, welche Rasse Du nimmst. Ich kann Dir nur empfehlen, entscheide weniger nach dem Herzen sondern etwas mehr mit dem Kopf. Entscheide Dich für eine Rasse, die eher ruhig und gemütlich ist und nicht für einen hyperaktiven Tausendsassa.
An Deiner Stelle würde ich mich umsehen, ob ich einen Hund von privat übernehmen kann, der jung, aber ausgewachsen und -gereift ist und der es gewohnt ist ein paar Stunden allein zu bleiben. Dann hast Du ein "erprobtes Modell". Es werden immer wieder gut erzogene Hunde aufgrund von Scheidungen, beruflichen Umzügen etc. abgegeben. Und wenn Dein Herz Dir sagt, daß Du gerne etwas gutes tun möchtest: Wenn ein solcher Abgabe-Hund keinen Besitzer findet, dann landet er früher oder später im Tierheim. Du tust also auch da etwas gutes, aber eben bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.