Oh je, nach der Schelte für diejenigen, die sich ihre Pferde vor allem auf der Wiese anschauen und eigentlich viel zu viele Pferde haben, die nur Geld kosten, traue ich mich schon fast nicht mehr zu schreiben, dass wir 10 Pferde haben und davon nur einer geritten wird
Aber ich glaube, ich bin trotzdem hier in bester Gesellschaft, denn eigentlich sind unsere Pferde die "Überbleibsel" einer Deckstation und Pferdezucht, die wir im Jahr 1996 als Firma gründeten. Vorher hatte ich zwar auch schon drei bis vier Pferde, denn ich durfte 1994 nach 13 Jahren mit einem eigenen Pferd im Einstellerstall meinen Lebenstraum verwirklichen, nachdem wir ein Haus mit Stall kaufen konnten und da lag natürlich die Idee nah, mir ein Nachwuchspferd zu kaufen und es zu meinem Wallach zu stellen, als der nun im eigenen Stall einziehen durfte ... aber das "Nachwuchspferd" wurde dann ein lackschwarzes Hengstfohlen, das in einer Aufzucht aufwachsen sollte und der Beisteller sollte das Pferd einer Freundin werden ... eigentlich. Denn uneigentlich wurde mein Fohlen auf der Weide so böse in den Rücken gebissen, dass ich ihn nach Hause holen musste, nachdem sich die Wunde infiziert hatte und wir nicht wussten, ob eventuell auch die Wirbelsäule verletzt worden war.
Also musste ich nun auch noch einen gleichaltrigen Hengst für mein Fohlen dazuholen und das war das Traberhengstchen Ferris. Meine Freundin beschloß zeitgleich, ihr Pferd nicht zu mir zu stellen, weil ich keine eigene Reithalle hatte und irgendwie fehlte mir nun doch wieder der Beisteller für meinen Wallach. Der arrangierte sich zwar ganz gut mit dem Jungvolk, aber die gingen ihm manchmal auch gehörig auf die Nerven. Also kauften wir - eigentlich für unsere damals dreijährige Tochter den Haflinger-/ Freibergermix "Monti", den dann auch mein Mann ritt, wenn wir mal zu zweit ins Gelände wollten. Als mein Rapphengstchen dann mit zweieinhalb Jahren zur Körung hätte reisen dürfen, ging Ferris wieder zu seiner Züchterin zurück und im Hinblick auf den künftigen Deckhengst kauften wir den Forsthof, der ja schon als Besamungsstation genutzt worden war ... und natürlich sollten nun auch Zuchtstuten einziehen und weitere Hengste. Und Nachwuchspferde ... und Ponys, denn eine Kinderreitschule war ja auch geplant. Irgendwann hatten wir 38 eigene Pferde, dazu diverse Pachthengste, die Gaststuten der Züchter, die sie vor Ort besamen ließen und dann kamen noch Ausbildungspferde dazu. Wir verloren zunehmend den Spaß an dem einstigen Hobby und das Reiten war nur noch ein Job und machte kaum mehr Freude. Im Frühjahr/ Sommer stand ich morgens in der Deckstation, samte Hengste ab und bereitete Samenportionen für den Versand vor und danach ritt und bewegte ich vier bis sechs Hengste, manchmal noch ein Korrekturpferd oder eine unserer Stuten, die zur SLP sollte und abends gab ich noch Unterricht. Und ab Herbst standen die Junghengste mit Körung, Anreiten und HLP im Frühling im Fokus. Dazu kamen die Fohlenschauen, Stuteneintragungen und die Turniere, die ich ja auch noch ritt. Ganz nebenbei lief ja auch noch die Tierheilpraxis und eigentlich machte ich alles nur noch halbherzig, weil mir die Energie fehlte.
Natürlich hatten wir Mitarbeiter für den Stall und einen Bereiter, der mich unterstützte, sowie Mädels, welche die Ponies mitritten wenn sie keinen Unterricht gingen und eine Freundin, die dann noch die Voltigruppe gründete, aber eine tiefe Beziehung hatte ich eigentlich vor allem zu meinem Scheckhengst, denn meinen Rapphengst hatte ich irgendwann verkauft, weil er viel mehr meiner Zeit gebraucht hätte, als ich sie ihm geben konnte. Mein Traum vom Leben mit den Pferden war also mehr ein Leben für die Pferde geworden und auch wenn ich jedes unserer Pferde auf seine Art liebte, reichte die Zeit nie, das auch allen zeigen zu können.
Irgendwann wurde mir alles zuviel, denn die Mitarbeiter waren leider nicht so zuverlässig, wie ich mir das wünschte und so lag alles auf meinen Schultern. Wir verkauften die Ponies, boten keinen Reitunterricht und keinen Beritt mehr an, bauten den Pferdebestand deutlich ab, behielten nur drei Hengste, die vier Stammstuten und ein paar selbstgezogene und eine dazugekaufte Jungstute und ich hörte auf zu reiten, denn mein Schecki war ja sowieso Frührentner und unser Oldenburger Rapphengst war zu dem Zeitpunkt auch schon ein würdiger Senior und froh, nun auf der Weide zu laufen. Mein schimmeliger Trakehner hatte schon immer zum Gerittenwerden ein ambivalentes Verhältnis und fand es gut, nun nur noch auf der Weide zu stehen.
Im Jahr 2009 schlossen wir dann auch die Deckstation und unsere Zuchtstuten blieben leer ... Ihr glaubt nicht, wie entspannend das Frühjahr 2010 für mich war, denn ich verbrachte die Nächte nicht mehr im Stall bei den fohlenden Stuten und die Vormittage nicht mehr in der Deckstation ... eigentlich hätte ich nun sogar Zeit gehabt zu reiten ;-) Aber bevor ich übermütig wurde, kehrte ich in meinen alten Beruf zurück und konnte endlich wieder kreativ sein und bei den Pferden fand ich Inspiration und Entspannung.
Wir entschieden zwar, keine Pferde mehr zu verkaufen, weil das meist mit mehr Ärger und Tränen verbunden war, als mit dem guten Gefühl einem Pferd eine neue Chance gegeben zu haben, aber wir wollten auch keine Pferde dazukaufen, wenn die Herde sich auf natürliche Art verkleinerte, denn wir hatten ja vor allem die "Alten" behalten, von denen wir uns nicht mehr hätten trennen wollen und die es auch nicht verdient hätten, abgeschoben zu werden, nachdem sie so viele Jahre immer alles für uns gegeben hatten. Aber als unser Oldenburger Rapphengst und mein Schecki über die Regenbogenbrücke gegangen waren, wäre unser Schimmi ja allein im Hengststall geblieben und so öffneten wir einem zweiten Hengst unsere Stalltür und unsere Herzen, denn mein spanischer Lilolaunebär zog im Mai 2012 bei uns ein.
Bis zum Herbst bleib ich standhaft und kam nicht auf die Idee ihn zu reiten, doch leider wurde er immer unentspannter und das reine Weidedasein unterforderte ihn zusehens ... im Oktober begann ich ihn an der Hand zu arbeiten und am 22. November 2012 saß ich das erste Mal in seinem Sattel ... und seither reite ich wieder.
Neben den beiden Schimmelhengsten - dem inzwischen 21 jährigen Trakehner und dem 11 Jahre jungen Spanier -, teilen acht Stuten unser Leben:
Zauberglück, unser "erster Zuchtversuch", die inzwischen 17 Jahre alt ist
Hirtenglück - Happy -, die wir als ataktische Jährlingsstute kauften und die darum nie geritten wurde - sie ist jetzt 12 Jahre alt
Hirtenfreunde, bei uns nur das Marzipanchen genannt und älteste Tochter von Hirtenglück mit nun 8 Jahren
Mahé, unsere Alterspräsidentin mit 23 Jahren
Ménage à trois, unsere Kröti und Tochter von Mahé, die nun auch schon 5 Jahre alt wird
Fleure Coeur, genannt Cora, 2006 geborene Tochter unserer unvergessenen Flora, die letztes Jahr über die Regenbogenbrücke ging
Fleure de Nuit, das Bambi und Vollschwester von Cora - sie wird dieses Jahr 7 Jahre alt
Hibiska, nun auch sieben Jahre alt und einst im Jährlingsalter als Dressurpferd für mich gekauft, aber zuerst wollte ich nicht mehr reiten und dann kam der Spanier und ob ich mich mit über 50 auf eine alberne Ziege wie Hibbi setzen würde, wage ich doch zu bezweifeln ... auch wenn ich Herzchen in den Augen habe, sobald meine schwarze Schönheit über die Weide fliegt und mich manchmal schon danach sehne, wieder mal einen Trakehner zu reiten
Aber wer weiß ... vielleicht erfülle ich mir den Traum vom falbfarbenen Spanier dann doch noch mit 70 Jahren, so wie ich das mal plante? Oder vielleicht galoppiert mir auch ein Trakehnerhengst über die Füße? Oder mein Schecki schickt mir doch noch einen bunten Nachfolger?
Nicht dass ich ein Pferd suche, aber meine Erfahrung zeigte, dass die mich auch eher fanden
