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 Betreff des Beitrags: Re: 3 Jähriges Pferd durchs Genick?
Ungelesener BeitragVerfasst: 25. September 2010, 07:55 
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Pegasus hat geschrieben:
Hmm, ich annerkenne das Bemühen :-|

:alol: Ums interessant zu machen hab ich extra die klassische Bedeutung und das FN-Gesums zusammen gepackt.

Wenn man sich mal die Mühe macht und im ersten Band der Richtlinien die beiden Begriffe Anlehnung und Beizäumung nachschlägt wird man sehr überrascht sein. Ich fühlte mich an das Wort "geil" erinnert, das ja im Laufe der Jahrhunderte einen sehr netten Bedeutungswandel durchgemacht hat. Während es im frühen Mittelalter auch "fröhlich" oder "schön" meinte, hatte es ab dem 15. Jahrhundert eigentlich hauptsächlich eine sexuelle Komponente und heute kann es auch einfach nur das Wort "toll" oder "super" ersetzen.

Aber zurück aufs Pferd und einige Beispiele für die beiden Begriffe aus dem Band 1 (wer nachlesen möchte, meine Angaben beziehen sich auf Ausgabe 27):
... im Halten wie in der Bewegung zwischen Reiterhand und Pferdemaul eine stete aber weich federnde Verbindung. Diese Verbindung nennt man Anlehnung. (S. 95
... zwar auch mit Anlehnung geritten, nicht aber unbedingt mit Beizäumung. (S. 84)
... Die weiterentwickelte Stufe der Anlehnung wird auch als Beizäumung bezeichnet. Diese Biegung im Genick (das Pferd "steht am Zügel" ) ist als solche kein wesentliches Ziel der gymnastischen Ausbildung, wohl aber Folge- und Begleiterscheinung sachgemäßer Dressurarbeit. (S. 171)
... In der Gewöhnungsphase bzw. in der Lösungsphase wird das Pferd zunächst mit leichter Anlehnung geritten, ohne aber eine Beizäumung mit der Hand zu erzwingen. (S.175)

In dem Zitat auf Seite 171 definiert "Beizäumung" genau das, was ich als "durchs Genick" beschrieben habe. Allerdings sieht kaum noch jemand das als Folge, sondern die meisten als Selbstzweck (wie auch aus der Eingangsfrage hervorgeht). Das ist meiner Ansicht nach auch Folge des Wandel der Bedeutung von Wörtern (siehe "geil") und nicht nur von einem Verfall der Reitweise.

Und komisch: Richter dürfen in ihren Protokollen den Begriff "durchs Genick" anscheinend verwenden (und tun das auch), aber die FN scheut ihn offensichtlich wie der Teufel das Weihwasser.

Pegasus hat geschrieben:
Ehrlich gesagt geht es mir wie Philis: "Durch's Genick" ist für mich ein Synonym für am Zügel und das heißt in Anlehnung, eine federnde Verbindung von der Hand über das Maul zum Hinterbein.


Anlehnung ist eben nicht "durchs Genick", und auch nicht am Zügel, auch nicht bei der FN. Siehe oben. Cinnamons Galopp ist in leichter Anlehnung aber ohne Beizäumung. Sehr schön!

Der Begriff Beizäumung aber hat ja heute fast schon einen schlechten Nebengeschmack, wahrscheinlich, weil er immer in dieser Verbindung zu lesen ist: ... ohne aber eine Beizäumung mit der Hand erzwingen zu wollen (S. 175)

Ich kann jedem nur empfehlen, sich auch die restlichen Stellen für Beizäumung und Anlehnung aus dem Register zu suchen und durchzulesen, ist spannend – gerade auch für die Arbeit mit jungen Pferden. [smilie=timidi1.gif]


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 Betreff des Beitrags: Re: 3 Jähriges Pferd durchs Genick?
Ungelesener BeitragVerfasst: 25. September 2010, 08:27 
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Phillis hat geschrieben:
Also Anlehnung und am Zügel/"Gebrauchshaltung" sind für mich wieder 2 Paar Schuhe.
Cinnamons Pferd geht in Anlehnung, "es lehnt sich an den Zügel an", der Zügel ist konstant weich dran, das Gebiss liegt ruhig und gleichmäßig. Würde dieses Pferd nun (wenn es fertig ist den Hals als Balancierstange zu benötigen) losgelassener würde (so dass der der Impuls aus dem HB wirklich bis nach vorne durch käme), beginnen würde zu kauen und im Kiefer loszulassen, würde es auch im Genick abkippen (und aus "Anlehnung" würde im nächsten Schritt dann "durch´s Genick").

(Cinnamon- die galoppiert ja schon super!)


Jo! Wieso gibt es eigentlich keinen "Give me Five"-Smiley? Oder finde ich den nur nicht?


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 Betreff des Beitrags: Re: 3 Jähriges Pferd durchs Genick?
Ungelesener BeitragVerfasst: 25. September 2010, 09:35 
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Zitat:
wird man sehr überrascht sein

:alol: Singvogel- bist Du überrascht? Besagte Stellen sollte der FN Reiter schon seit dem kleinen Reitabzeichen kennen, ich sag ja immer: Unsere Reitlehre sowie die Richtlinien sind ne gute Sache, die Frage ist immer was man draus macht. Dem entsprechend bin ich auch nicht überrascht sondern es ist genau das was ich von jeher entsprechend gelernt habe. Ich denke auch wenn man über Jungpferdeausbildung redet sollten die Begriffe an sich schon klar sein (das irritierte mich auch am Eingangspost).

Ich hatte noch nie "durch´s Genick" im Protokoll stehen, übrigens.


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 Betreff des Beitrags: Re: 3 Jähriges Pferd durchs Genick?
Ungelesener BeitragVerfasst: 25. September 2010, 10:36 
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Phillis hat geschrieben:
Zitat:
wird man sehr überrascht sein

:alol: Singvogel- bist Du überrascht?

Nö, ich merk mir einfach, dass ich Ironie in Zukunft besser kennzeichne. :-D :-D

Phillis hat geschrieben:
Ich hatte noch nie "durch´s Genick" im Protokoll stehen, übrigens.
Ich auch nicht (dafür andere Sachen, die mir nicht so gefallen haben). Aber das ist doch ein Klassiker: Wenn man zur Meldestelle geht, ist da eigentlich immer einer der gerade sein Protokoll liest und Sachen sagt, wie: So ein Sch ... die bl ... Richter-A ... natürlich war der die ganze Zeit durchs Genick (wahlweise auch: geregelt/ nicht auf der Vorhand/ im Takt). :klappe: (Und Ironiemodus aus). :mrgreen:


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 Betreff des Beitrags: Re: 3 Jähriges Pferd durchs Genick?
Ungelesener BeitragVerfasst: 25. September 2010, 13:54 
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Es regnet, ich bin krank...eine gute Gelegenheit, bei einer Tasse Tee ein paar Bücher aus dem Schrank zu ziehen...

Singvogel hat geschrieben:

Wenn man sich mal die Mühe macht und im ersten Band der Richtlinien die beiden Begriffe Anlehnung und Beizäumung nachschlägt wird man sehr überrascht sein. Ich fühlte mich an das Wort "geil" erinnert, das ja im Laufe der Jahrhunderte einen sehr netten Bedeutungswandel durchgemacht hat.

Ja, und noch viel schlimmer ist, daß jeder Autor natürlich auch noch sein eigenes Vokabular benutzt...
In den Richtlinien, die als Lehrbuch ja etwas knapp sind,steht tatsächlich eine Menge, den Begriff "durchs Genick reiten" finde ich dort aber natürlich nicht. Laß uns trotzdem sehen, ob man nicht zumindest die Begriffe, am Zügel, Beizäumen und Anlehnung unter einen Hut bekommt.

Dein Zitat
Zitat:

... im Halten wie in der Bewegung zwischen Reiterhand und Pferdemaul eine stete aber weich federnde Verbindung. Diese Verbindung nennt man Anlehnung. (S. 95)



ist etwas knapp, vollständig lautet des Absatzt:

"An die Hilfen stellen heißt, das Pferd mit Schenkel- und Gewichtshilfen von hinten nach vorne an das Gebiß bzw an die Zügelhand heranzutreiben, so daß im Halten wie in der Bewegung zwischen Reiterhand und Pferdemaul eine stete, aber weich federnde Verbindung hergestellt ist. Diese Verbindung nennt man Anlehnung."

Das "diese" markiert, daß die Anlehnung eine besondere Verbindung ist, die ich nicht dadurch erreiche, daß ich den Zügel aufnehme.

Die von Dir ja auch gerne gelesene H.Dv 21 schreibt dazu:
"Durch die vortreibenden Hilfen wird zunächst die Schubkraft der Hinterhand entwickelt. Das Pferd tritt an den Zügel heran, es kommt zu einer bestimmten Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul, die man Anlehnung nennt. Diese muß das Ergebnis der richtig entwickelten Schubkraft durch die treibenden Hilfen sein. (Hervorhebung im Original)

Geht das Pferd nun am Zügel? Die Richtlinien meinen Ja:
"Ein Pferd, daß in williger Anlehnung geht, den Zügelhilfen nachgibt und dem Reiter, sowohl im Halten als auch im Gange das Gefühl einer sicheren und weichen Verbindung verleiht, "steht am Zügel"" (Seite 80)

Seunig in "Von der Kopel bis zur Kapriole" sieht das ähnlich, ohne es explizit auszuführen: "Die richtige Anlehnung darf das Pferd von sich aus nie aufgeben, indem es über, auf oder hinter den Zügel kommt", mit anderen Worten, in Anlehnung ist es am Zügel.

Cinnamon reitet ihr Pferd schön und dem Alter angemessen, aber geht es in Anlehnung?

Müseler, der ohne den Begriff der Anlehnung auskommt, dafür aber sein Pferd "an die Hilfen stellt" ähnlich wie die Richtlinien auf Seite 95, schreibt unter der Überschrift " Wie fühlt der Reiter, ob sein Pferd am Zügel steht?":

"Zügelgehorsam ist ein Pferd, wenn man es jederzeit hauptsächlich mit dem Zügel veranlasen kann
a) den Kopf höher oder tiefer zu tragen
b) den Hals lang zu machen
[c-e]..."

Gerade das Hals lang machen wird in den Dressurprüfungen als ZadHk überprüft, um Anlehnung und Losgelassenheit zu testen. Cinnamon nimt aber von sich aus den Kontakt zum Maul auf, lenkt gelegentlich und das Pferd hat keine Tendenz zum v/a. Damit würde es aber einer nachgebenden Zügelhilfe nicht folgen, nicht das Gebiß suchen und damit fehlen eben wesentliche Elemente, die eine Anlehnung von einer beliebigen Zügelverbindung unterscheiden. Derart in einer DPfA vorgestellt stände zu Recht im Protokoll "Galopp frei ohne Anlehnung"


Warum in den Richtlienien auf Seite 175 steht, ein junges Pferd solle in der Gewöhnungphase in leichter Anlehnung geritten werden, statt "mit leichter Verbindung" bleibt ihr Geheimnis, denn solange ein Pferd sich nicht treiben läßt, kann ich per Definition keine Anlehnung erreichen.


Beimzäumen ist etwas, was sich in der fortgeschrittenen Ausbildung ergibt, in der H.Dv als Begleiterscheinung zwischen Geraderichten und Versammlung und beschreibt eigenlich mehr die Hals/Kopfhaltung des Dressurpferdes als einen aktiven Ausbildungschritt. Wenn es ein Synonym zu "Durch's Genick" wäre, was ich nicht ausschließen will, dann sind wir uns ja wohl zumindest einig, daß dies kein Thema für eine Remonte sein kann, oder?

Gruß,
Pegasus


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 Betreff des Beitrags: Re: 3 Jähriges Pferd durchs Genick?
Ungelesener BeitragVerfasst: 25. September 2010, 14:08 
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Beiträge: 3053
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Ich finde die "Diskussion" hier sehr anregend und lehrreich, daraus nehme ich für mich sehr viel mit :-D

Grade die Begriffs-Definition ist toll - man hört ja in den örtlichen Reithallen ständig Anweisungen wie "Jetzt stell den erstmal ordentlich an den Zügel" oder "Reit den doch mal durchs Genick".... Rechts-links Parade/Durchstellen und runter den Kopp :roll:
Also quasi vielen Dank dafür und :daumen:

_________________
Du bist nicht mehr da, wo Du warst,
aber überall, wo wir sind.


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 Betreff des Beitrags: Re: 3 Jähriges Pferd durchs Genick?
Ungelesener BeitragVerfasst: 25. September 2010, 14:32 
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Registriert: 24. November 2007, 07:37
Beiträge: 6810
Pegasus hat geschrieben:
Warum in den Richtlienien auf Seite 175 steht, ein junges Pferd solle in der Gewöhnungphase in leichter Anlehnung geritten werden, statt "mit leichter Verbindung" bleibt ihr Geheimnis, denn solange ein Pferd sich nicht treiben läßt, kann ich per Definition keine Anlehnung erreichen.


Ich glaube, dass du damit nur ein Problem hast, weil dein Kopf in den Begriff Anlehnung immer noch was reininterpretiert, was da laut FN-Definition nichts zu suchen hat. :alol:

Pegasus hat geschrieben:
Beimzäumen ist etwas, was sich in der fortgeschrittenen Ausbildung ergibt, in der H.Dv als Begleiterscheinung zwischen Geraderichten und Versammlung und beschreibt eigenlich mehr die Hals/Kopfhaltung des Dressurpferdes als einen aktiven Ausbildungschritt. Wenn es ein Synonym zu "Durch's Genick" wäre, was ich nicht ausschließen will, dann sind wir uns ja wohl zumindest einig, daß dies kein Thema für eine Remonte sein kann, oder?


Jo, und ich will sooooofort einen Give-Me-Five-Smiley! :schimpf:


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