Komisch, wie wenig hier steht - sind alle Aktiven noch im Weihnachts/Silvesterkoma?
Vielleicht ist es ja auch mal interessant, wenn ich mal "von der anderen Seite" berichte. Wer wie ich noch in der Ausbildung für die nächste Qualistufe ist, kann schon echt dolle Sachen erleben. In 2016 hatte ich die wirklich erstaunliche Situation, dass ich von einem WBO-Fahrertag (tw. ganz kreativ mit Geschicklichkeitsaufgaben) bis zu International S alles gebaut habe. Das eine wie das andere hat seine Herausforderungen, und alles war sehr, sehr spannend für mich.
Insgesamt 10 Turniere war ich aktiv, das klingt erstmal wenig, aber wenn die Saison nur von Mai bis September geht relativiert sich das schon. Es muss eben alles vorbereitet werden. Teilweise hatte ich Mappen mit den nächsten 4 Turnieren auf dem Schreibtisch liegen, da wird man dann schon ein bisschen hektisch. Wenn ich selber baue fahre ich ja wenigstens 1 x vorher hin, bespreche mich mit dem Veranstalter, gucke die Plätze, Hindernisse und Strecken an. GSD geht ja vieles dann über Mailaustausch, das vereinfacht natürlich alles. Meine WBO- und A-Turniere gehen mir da aber schon ganz flott von der Hand, da macht sich schon Routine breit. In M habe ich gemeinsam mit einem Kollegen z.B. die Landesmeisterschaften Hannover und Sachsen-Anhalt gebaut, das ist dann schon eine andere Nummer. Von der Vielzahl der Prüfungen her, und auch unter dem Aspekt, dass man doch ein sehr weitgefächertes Niveau an Teilnehmern hat. Einerseits Aktive, die sonst überwiegend S fahren, aber auch die Wanderer zwischen A und M (L ist ja bei uns nicht). Den einen will man es nicht zu leicht machen, den anderen nicht zu schwer. Da stehen wir dann schon mal eine Stunde oder 2 in einem Hindernis und diskutieren über die Ausflaggung.
Für meine S-Qualifikation, zu der ich dann 2018 antreten soll, muss ich dann natürlich auch meine Hospitationen in der Klasse sammeln. Das läuft dann meistens so, dass einem die Parcourschefs die Hindernisskizzen schicken, man überlegt und tüftelt, und schickt fertige Skizzen und Parcoursentwürfe zurück - und dann wird es in etwa so gebaut oder eben auch gar nicht. Kommt halt immer auf den Parcourschef an. Beim Oldenburger Landesturnier hatte ich das Glück an einen PC zu geraten, der auch in Warendorf in der Prüfungskommission ist, und dem es wichtig ist, dass die Azubis selber Erfahrungen sammelt. Der hat mich fast alles entwerfen lassen, und das ist dann schon cool, wenn der Plan, den man im Kopf hatte, dann auch tatsächlich so aufgeht. Oder man live sieht, was vielleicht gut gedacht war, aber in der tatsächlichen fahrerischen Umsetzung ganz anders aussieht. Und wenn man dann auch noch eine positive Beurteilung bekommt lohnt sich auch der Zeitinvest von 3 Tagen Urlaub.
Besonders spektakulär war mein Einsatz beim Internationalen Turnier in Lähden im Emsland. Da fing die Arbeitswoche zwar schon am Dienstag an (Urlaubstage adieu

), aber wenn man eben von Anfang an dabei sein darf und alles unter den eigenen Händen wächst und entsteht - das ist schon cool. OK, über die Hindernisausflaggung entscheiden da andere, und zwar auch nicht nur unbedingt der PC, aber wir hatten dann am Sonntag gleichzeitig auf 2 Plätzen Hindernisfahren, der Chef konnte sich nicht zerteilen, also war der Zweispännerparcours 1:1 meiner und ich in der vollen Verantwortung! Das war so ein unfassbares Highlight für mich, dass die besten internationalen Zweispännerfahrer da durch meine Kegel gechoppert sind. So ähnlich als würde man den Großen Preis von Donaueschingen bauen oder so. Und vorher schon allein die Abnahme, wenn du mit 3 internationalen Richtern und einem TD abgehst, und die sind am Tuscheln und Gucken, und vor und zurück. Das ist echt noch gewöhnungsbedürftig für mich. Überraschenderweise ist es auch da gelungen das Feld auseinanderzukriegen.
Ja, eine sehr spannende Welt, und ich finde es immer wieder super interessant, wie die Fahrer mit den von mir ausgetüftelten Aufgaben umgehen. Und offensichtlich entwickel ich auch schon eine eigene Handschrift. Eine Aktive kam mal ganz empört bei mir an und beklagte sich, sie hätte gesucht und gesucht, und die Alternativwege nicht gefunden, und überhaupt, was das für eine Linie sei. Ob das am Ende vielleicht doch nicht mein Parcours wäre. Richtig, den wollte der Chef selber hinstellen.

Ist dann manchmal auch so, aber offensichtlich haben die ersten Fahrer schon ein genaues Bild, was sie bei mir erwarten. Und mit diesem Bild bin ich meistens auch sehr zufrieden, weil ich allen gerecht werde, den Starken, den Schwachen, den jungen Pferden. Und man auch immer sehr viele Möglichkeiten hat zum Ziel zu kommen.
2017 wird mein persönlicher Höhepunkt sicherlich der offizielle Einsatz bei den Deutschen Jugendmeisterschaften. Auch da sind wir zu zweit, insofern werden wir die Hindernisse gemeinsam ausflaggen, und ich nehme an, dass der Kollege für die M- und ich für die A-Parcours geradestehen werden. Aber kann auch anders kommen, wir werden sehen. Auf jeden Fall bin ich "angekommen" und werde mit meiner Arbeit wahrgenommen.
Mir selber fehlt der Stress, den ein Turnierstart ja dann doch so mit sich bringt, eher nicht. Die Anspannung und den Aufwand, den ich selber für S erlebt habe, brauche ich definitiv nicht mehr. Aber für den Hausgebrauch würde ich wirklich gern wieder reiten und fahren, und trotz der ganzen für dieses Jahr geplanten Einsätze hoffe ich sehr, dass ich nun bald mal Erfolg bei der Pferdesuche habe. Das Pferd muss nur damit leben lernen, dass ich dann öfter auch mal weg bin.

Ja, so viel mal aus der anderen Perspektive, von den Fußgängern
