Da bin ich grundsätzlich ganz bei Pegasus und Singvogel.
Das Pferd ist 4,5 - das Verhalten kann doch in dem Alter tausend Ursachen haben. Wachstum (was nicht unbedingt Stockmaß heißen muss), Trotzphase, mehr Kraft und Power durchs regelmäßige Training oder im Gegenteil mentale Ermüdung durch die Arbeit, bessere Balance, dadurch ein besseres Körpergefühl und daraus resultierende Lustigkeit, oder oder oder. Ich würde da nicht mal gleich einen Mangel oder ein medizinisches Problem vermuten. Aber natürlich kann bedingt durchs Wachstum, ein falsches Bocken in der Freizeit oder das Training auch irgendwo eine Blockade stecken. Gibt so vieles was man in Betracht ziehen kann...
Ich kann gut verstehen, dass du dich damit unwohl fühlst. Ich bin auch in einem Alter wo ich keine Lust und Mumm mehr hätte, meine Knochen gegen einen Jungspund zu testen. Und man hat ja auch oft genug den Abflug gemacht, um dann irgendwann zu sagen, jetzt muss ich meine Knochen auch nicht mehr jedes Mal neu sortieren. Wird ja mit jedem Lebensjahr schlechter, das ist normal. Und man fängt an, im Kopf die Risiken abzuwägen. Das kannst du bei einem Jungpferd aber einfach nicht ausschließen, egal wie brav sie sind. Meine Freundin, wie ich auch Ü50, ist vor 4 Wochen von ihrem 7-Jährigen aus heiterem Himmel so abgeschossen worden, dass sie sich 2 Rippen angeknackst hat, was immer noch wehtut und ihr leider auch einen Knacks im Gehirn verpasst hat. Der hat jetzt einfach so viel Kraft gekriegt, dass er mal kurz lustig wurde und sein neues Körpergefühl voll ausgetestet hat. Jetzt ist sie auch unsicher.
Was ich sagen will, auch wenn du dein Greenhorn in Beritt gibst, ist lange nicht gesagt, dass sie es nicht trotzdem tut. Sie kriegt immer mehr Kraft, Körpergefühl und Balance, und selbst wenn sie supergut erzogen ist und zu 99% nicht mit dem Ohr wackelt, kann man nicht ausschließen, dass sie in dieser Teenagerphase nicht doch mal einen Gefühlsausbruch kriegt. Du musst für dich entscheiden, ob du damit umgehen kannst oder nicht. Es ist einfach zu erwarten, dass es wieder passiert. So sind junge Pferde halt. Und grad noch eher zwischen 4 und 6, wenn sie die Kraft kriegen, als mit 3, wo sie genug damit zu tun haben, mit Reiter drauf auf den Beinen zu bleiben, und eher die ganze Welt anstaunen, als auf irgendwas zu reagieren.
Von Ablongieren halte ich wie meine Vorredner auch eher nichts. Wenn du sie nur im Kreis rumbocken lässt um den Stallmut rauszukriegen gehts voll auf die Knochen und hat null gymnastizierenden Wert. Bocken können sie in ihrer Freizeit, aber nicht dann, wenn man mit ihnen arbeiten will. Und meistens sind sie dann grad erst recht auf Betriebstemperatur. Wenn du sie aber gezielt an der Longe arbeiten willst, mit Aufwärm- und Arbeitsphase, ist das für ein junges Pferd geistig wie körperlich schon mehr als genug, und macht Reiten hinterher fast überflüssig. Dann riskierst du, dass sie eigentlich schon müde ist und weitere körperliche Belastung gar nicht mehr leisten kann.
Mir ist aufgefallen, dass du mehrfach euren vollgestellten Reitplatz beklagst. Mach da doch einfach das Beste draus. Jedes Hindernis, oder was auch immer da rumsteht, bietet dir doch einen Anhaltspunkt, genau an der Stelle etwas zu tun. Die meisten Plätze und Hallen sind leer, und nichts verleitet mehr zu Monotonie und viel zu langem Geradeaus reiten in einem Tempo, als Leere. Beschäftige dich und das aufmüpfige Jungpferd, dann kommt ihr beide nicht auf dumme Gedanken. Eine lange Seite, an der nichts passiert, ist schon zu viel.
_________________ Though nothing, will keep us together We could steal time, just for one day We can be Heroes, for ever and ever.
|