Es lässt mich nicht so richtig los...
Jemand bei uns aus dem Stall hat sich einen Jährling gekauft, in der Herde aufwachsen lassen, nu isser 3, wurde im Spätsommer von der Wiese geholt und steht nun bei uns.
Dieser jemand, da muss ich ein bisschen ausholen, hat bereits ein älteres Pferd kaputt geritten. Ist unglaublich ehrgeizig und in sich selber völlig fest. So eine Beton-Mittelpositur hab ich noch nicht gesehen. Aus Solidarität kriegt auch das Tier keine Chance sich loszulassen, wird sofort aufgenommen und 1-1,5 Std. tägl. "Dressur" geritten, bis beide klatschnass sind. Wenns nicht klappt (also eigentlich immer), wirds verhauen. Zwangsläufig steht das arme Pferd schon unter Strom wenn Besitzer nur den Stall betritt, tickt außerdem regelmäßig auf irgendeinem Fuß, wird dann geparkt, bis es nicht mehr tickt, dann gehts wieder von vorne los. Jedes Wochenende gehts auf A-oder L-Turnfest, von dort kommt man mit Noten zwischen 4,5 und 5,7 zurück. Kein Witz.
Nun hat Jemand also erkannt, dass er vielleicht nicht zuviel von Pferdeausbildung versteht und um Unterstützung aus dem Stall gebeten. Ein Helfer ist ein semi-Professioneller Jungpferdebereiter. Der andere longiert für den Erstgenannten. Hier liegt also auch bereits die Basis für gesunde, schonende Ausbildung...
Ich durfte nun schon zweimal dem Spektakel beiwohnen, wenn der Dreijährige longiert wird, und gestern nahm das Formen an, dass ich mich fragte, ob ich Jemand doch mal anspreche.
Man kam also zu dritt (Jemand, Longierhelfer, Jungspund) in unsere kleine Halle (18x35 m), die wird überwiegend zum Longieren benutzt, und wo ich bereits meinen im Kreis laufen ließ. Jungpferd war mit Sattel und verknoteten Zügeln ausgerüstet, Longe im inneren Gebissring. Man führte ihn auf die Kreisbahn, 1, 2 Runden, und auf einmal vollen Hahn Galopp, immer im Kreis, immer Vollgas. Dazu mit Stimme und erhobener Peitsche immer weiter angetrieben, die Bügel flappten lustig im Takt, das Jungpferd fiel hin und wieder aus, sprang Kreuz- oder Außengalopp wieder an, und weiter und weiter.
Au Backe, dachte ich, der muss ja wild sein, wenn da so die Luft raus soll.
Nachdem das Schauspiel erster Akt beendet war, wurde Jungpferd erklommen, vom Longenführer wieder auf die Kreisbahn geführt, wieder 1,2 Runden Schritt, und dann wieder Galopp. Mit Ballast konnte sich das Kerlchen natürlich noch weniger ausbalancieren, sprang Kreuz/Außen und was weiß ich nicht alles, jedenfalls keinen 3-Takt, den Rüssel immer hilfesuchend nach außen gestellt. Ein dolles Bild, ich war sprachlos.
Nachdem ich mich nun immer wieder gefragt habe, warum dieser Jemand nun unbedingt sein halbwüchsiges Jungtier auf einem 16m-Zirkel und auch noch im Galopp kaputtmachen will stelle ich mir laufend die Frage, ob man da nicht mal helfend eingreifen sollte.
Ich weiß, dass sie es nicht besser weiß. Ob sie Rat annimmt weiß ich nicht, zumal ihr die Helfer ja sicher schon erzählt haben, wie es richtig geht

Aber sie will ja sicher lange Freude an dem Tier haben, das ist keiner der bei uns sonst üblichen Jungpferde, die nach 3 Monaten "Beritt" oder "Grundausbilung" wieder weg sind und wo andere dann später die Probleme ausbaden.
Gleichzeitig weiß ich aber, dass man allgemein unsere Ausbildungsmethoden, das Fahren an sich (und unsere darauf abgestimmte Reitweise) seltsam beäugt. Das weicht halt von der Norm des "der Rüssel muss runter, egal wie" ab. Unsere Volti-Trainerin hat diesem Jemand auch schon mal angeboten, sich einfach mal in allen 3 Gangarten vom Voltipferd tragen zu lassen, um mal wieder zu spüren, wie sich Takt anfühlt. Da ist sie in Tränen ausgebrochen.
Machen lassen oder was tun?