Auch wenn es hier keiner hören / lesen will: Ist es das erste Pferd, dass Du alleine an die Arbeit bringst? Dann hol Dir Hilfe. Wirklich kompetente Hilfe von jemandem, der das oft macht. Es geht so unheimlich schnell, Probleme einzubauen, weil man eben ein junges Pferd anders und wesentlich konsequenter und mit viel höherem Fokus auf Balance und Körperspannung reiten muss, als ein erfahenes. Nachdem ich mit meinem alten RL mein erstes Jungpferd angeritten hatte (vor gefühlten 100 Jahren *altwerd*), sagte er: Und jetzt gehst du los und machst das noch 10 mal, das elfte kannst Du dann behalten. Denn man macht Fehler, ob man das will oder nicht. Gerade das "nie ohne Ausbinder longieren" oder das "viel Zeit nehmen und Muskulatur aufbauen" hat sich in der Praxis als kontraproduktiv erwiesen: Nichts ist schlimmer eins ich langweilendes Jungpferd. Also lieber sechs Wochen lang viermal in der Woche mit ständig steigendem Programm kurz und knackig arbeiten und dann Pause machen als Longieren bis zum Erbrechen.
Unsere Pferde kennen Bodenarbeit und Freilaufen sowie Freispringen über Cavalettis schon mit 2,5 Jahren, einmal in der Woche. Sie kennen mich "von oben" bereits als Fohlen: Wann immer ich sie in der Box liegend erwische, setze ich mich drauf und graule sie. Longiert werden sie dann 3jährig so zwei-dreimal, bevor ich mich das erste mal geführt drauf setze. Dabei ist das "Bodenpersonal" enorm wichtig, der hat die Verantwortung und muss sehen, was da passiert und entsprechend reagieren. Nach dem Longieren und Führen dauert es idR keine zwei Wochen, bis die Longe wegfällt. Und da bewährt sich dann das ausgebundene Longieren, die Pferde haben nämlich gelernt, auf Druck am Gebiss nachzugeben, das erleichtert das Einstellen der Lenkung enorm. Außerdem benutze ich ein Cavecon für die eigentliche Longenarbeit, das schont das Maul. Der erste Ausritt passiert dann vierzügelig, da nehme ich das Cavecon zusätzlich zur Trense und zwar nach 4-5 Wochen mit erfahrenem Führpferd, sobald das Pferd in der Bahn Schritt und Trab auf Zirkel und ganzer Bahn auf beiden Händen läuft. Wenn es dann so 2-3 mal mit im Gelände war, bekommt es erst mal wieder Pause, wenn ich im Frühjahr anreite, Sommerweide. Im Herbst kann man dann genau dort weitermachen, wo man aufgehört hat. Bei Stuten lasse ich vor der Pause noch Stutenleistungsprüfung gehen und sie manchmal schon decken, dann haben sie bis nach dem Fohlen Zeit, zu reifen und werden vierjährig wieder in die Arbeit genommen.
Im Ernst: Zu langsames, zu vorsichtiges Anreiten ist genauso schlecht wie zu schnelles (im Sinne von Sattel drauf und voll los, ohne Pause), denn unterforderte PFerde machen genau so Probleme wie überforderte.
_________________ Das Denken ist allen erlaubt, vielen bleibt es erspart. Curt Goetz
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