Das muss ich hier mal loswerden, irgendwie liegt mir das auf der Seele.
Wir waren am Wochenende mal in einem anderen Landesverband unterwegs. Bei uns ist im Juli/August Saure-Gurken-Zeit - keine Turniere weit und breit, und wenn man ein bisschen im Rythmus bleiben will, fängt man an auch mal außerhalb des eigenen Einzugsgebietes nach Startmöglichkeiten zu gucken.
Somit waren wir dann mal dort, wo uns keiner kennt und wo wir die anderen Teilnehmer und Richter auch nicht kennen. Soweit so gut.
Der Veranstalter hatte auch gewaltig was aus dem Boden gestampft, der Veranstaltungsort war aufgerüscht wie mindestens zu den Deutschen Meisterschaften - wir waren beeindruckt. Das Ganze aber nur für E und A, man höre und staune, allerdings über 200 Gespanne - dolle Sache. Unsere Euphorie legte sich dann aber schnell.
Leider habe ich in den 4 Jahren, wo ich jetzt Turniere fahre, noch nie so unterirdisches, extrem pferdeunfreundliches Fahren gesehen wie dort. In sämtlichen Dressurprüfungen bewegte sich über die Hälfte der Starter im Notenbereich von 5,0-5,9, viele hätten auch noch weniger verdient gehabt, wenn es nicht die 50%-Klausel gegeben hätte und man wohl kaum einen Teilnehmer seiner Chance auf eine Geländefahrt berauben wollte.
Von dressurmäßiger Ausbildung und Gymnastizierung war höchst selten was zu sehen, Dachlatten mit offenen, unzufriedenen oder völlig untätigen Mäulern prägten das Gesamtbild. Takt, Losgelassenheit, Anlehnung? Bei einigen war wenigstens einer dieser Punkte im Ansatz zu erkennen, bei den meisten totale Fehlanzeige. Dazu wurde nur in Dressurhaltung gefahren, und als besonders beliebt stellte sich das s.g. rechts-links-Durchstellen heraus. So viele wackelnde Pferdeköpfe habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen.
Später merkte ich dann, wo die Prioritäten gesetzt wurden: sowohl im Kegeln als auch im Gelände wurde hingehalten was das Zeug hielt, ohne Rücksicht auf Verluste und den Ausbildungsstand und Gymnastizierungszustand der Sportpartner vor dem Wagen. Die mussten zusehen, wie sie körperlich und mental das gnadenlose "Lieber tot als Zweiter" ihrer Fahrer umsetzten. Da wurde das Pferd im Hindernis auf die Seite gelegt, fix wieder aufgerichtet, und weiter gings - volle Hacke. Der Gaul wird sich ja schon nix getan haben.
Die schlimmsten Bilder lieferten die E-Fahrer. Ich war ziemlich irritiert, dass für diese Kollegen auf Zeit und nicht auf Stil ausgeschrieben war, das gibts bei uns im Verband nicht - zurecht, wie ich finde. Da wurde planlos im vollen Galopp in die Hindernisse geschüsselt, sich vermetert, die Pferde vor die Poller gesetzt, an den Mäulern gerissen, weil man sich selber verschätzt hatte und gnadenlos mit Peitsche und Stimme "motiviert". Und wenn sich mal wieder einer den Weg nicht gemerkt hatte und planlos im Hindernis kreiselte, kriegte das Pferd dann doppelt Druck. Man kann es gar nicht beschreiben, was da abging.
Nach Ankunft im Ziel E wurde von vielen erstmal stundenlang geparkt und das Geschehen in den Hindernissen beobachtet, bevor man sich aufraffte, dann doch mal seine Pferde auszuspannen und zu versorgen.
Richter waren anscheinend nur zur Deko da. Auf dem sehr kleinen Abfahrplatz ließ sich überhaupt keiner blicken, so dass dort ein ständiger Tumult herrschte, weil sich Fahrer aus 3 Prüfungen ballten mit jenen, die auf ihre Platzierung warteten und natürlich denjenigen, die dort nur rumstanden um zu gucken und zu klönen statt ihre Pferde mal auszuspannen. Dass dort nichts Gravierendes passiert ist grenzt für mich an ein Wunder. Eine Gespannkontrolle am Start A und Ziel E fand überhaupt nicht statt, eigentlich konnte jeder losfahren wie er wollte. Und wenn sich mal ein Offizieller zum Transporterparkplatz bemüht hätte, hätte er dort feststellen können, dass mehrere Teilnehmer ihre Pferde auf dem LKW übernachten ließen - das ist GSD eigentlich verboten.
Ich kann mich kaum darüber freuen, dass mein Pferd so gut und erfolgreich lief, weil ich all diese katastrophalen Bilder nicht aus dem Kopf kriege. Natürlich darf Fahren spektakulär sein, aber ich kann doch nicht begeistert jemandem zujubeln, der vollen Hahn durch die Hindernisse kachelt und dabei ständig nur an seinen Pferden rumreißt, die wahrscheinlich nur so schnell sind weil sie vor ihrem Fahrer flüchten wollen. Trotzdem waren die Zuschauer begeistert. Ich verstehe es nicht.
Und wer trainiert diese Menschen, wer sagt denen, dass man so fahren soll? Und es waren jede Menge junge Menschen am Start, was kriegen die denn für eine Einstellung zum Pferd vermittelt? Man sollte doch meinen, dass die Dressur die Basis allen guten Fahrens ist - nicht nur ein notweniges Übel - und man mit einem gut ausgebildeten Pferd viel besser in den Kegeln und Hindernissen unterwegs ist, als mit einer Dachlatte, die vor lauter Steifheit kaum die Füße sortiert kriegt. Außer im Spitzensport habe ich noch nie so viele Teilnehmer ihre Pferde wie Sportgeräte benutzen sehen, ich bin wirklich entgeistert.
Oder bin ich zu weich gespült mit meiner Denke, eine langsame, solide Ausbildung und sorgfältiges Steigern der Anforderungen sind der Weg zum Ziel? Mit Sicherheit wird mein Pferd jedenfalls länger gesund und einsatzfähig sein als viele der armen Viecher dort im Münsterland...